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Sieben Fragen an ... Mick Morris Mehnert - Deutsche Oper Berlin

Sieben Fragen an ... Mick Morris Mehnert

Mick Morris Mehnert ist 1,36 Meter groß und spielt in DER ZWERG die Hauptrolle. Ein Gespräch über Selbst- und Fremdwahrnehmung

Wann haben Sie das erste Mal wahrgenommen, dass sie anders sind?
Meine Eltern haben mich immer wie ein normales Kind behandelt, an dem nichts falsch ist. Das erste Mal war im Kindergarten, ich war vier Jahre alt und gerade aus den USA zurückgekehrt, wo ich mit meinen Eltern gelebt hatte. Ich betrat den Raum, alle drehten sich zu mir um, starrten mich etwas zu lange an und begannen, gehässig untereinander zu tuscheln. Später, in der Schule sagten die Erzieher behutsam zur Klasse „Mick ist anders, bitte gebt ihm nicht das Gefühl anders zu sein.“ Ich dachte nur „Häh? Das macht jetzt aber keinen Sinn.“

Sie haben den Beruf des Schauspielers gewählt. Trotz oder wegen ihrer Größe?
Interessante Frage. Einerseits habe ich damit in der Pubertät eine Phobie bekämpft. Ich war extrem schüchtern, wurde ständig angestarrt. Ich wollte aber nicht heimlich angeschaut werden, sondern für etwas Schönes, etwas, das ich sage, mache oder bin. Andererseits habe ich schon als Kind ständig gesungen und gespielt, bis heute liebe ich Märchen als Vorbild, als Motivation. Die Bühne ist, wenn Sie so wollen, Traum und Heilung. 

In Zemlinskys autobiografisch geprägter Oper blickt der Zwerg am Ende in einen Spiegel, empfindet sich als Monster, geht daran zugrunde. Was würden Sie ihm zurufen?
Monster ist man nicht, zum Monster wird man gemacht. Er sieht sich ja als Monster in Reaktion auf den Hofstaat und die Infantin. Zuvor lebt er in einer naiven Welt, hinterfragt sich nicht, lacht mit, wenn alle über ihn lachen. Wie Zemlinsky, der sein Aussehen zunächst auch nicht hinterfragte, erst die Ablehnung durch Alma Schindler stürzte ihn in einen Abgrund. Im Spiegelbild erblickt der Zwerg nicht sich, sondern den Blick der Gesellschaft auf ihn.

Die Oper heißt DER ZWERG, sie spielen die Titelrolle, die aber kein Zwerg ist, sondern ein Mensch. Was empfinden Sie als Kleinwüchsiger bei dem Begriff? 
Zwerge sind bekanntlich Fabelwesen aus Märchen und ähnlich wie der Begriff Liliputaner wurden (und werden) benutzt, um kleinwüchsige Menschen zu entmenschlichen. Ich habe natürlich schon Märchenfiguren gespielt, also Zwerge, würde aber nie auf die Idee kommen, mich als solchen zu bezeichnen. Zwerg, Liliputaner, Gnom – das alles sind Begriffe der Anders-Artigkeit, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bezeichne mich als Mensch.

Alma Mahler lehnte Zemlinsky offen als hässlich, jüdisch und verwachsen ab. Ist das nicht die viel tragischere, weil reale Geschichte? Von ihr wird im Vorspiel zur Produktion erzählt.
Geht mir auch so. In der Oper dirigiere ich als Zwerg das Orchester zum „Lied der blutenden Orange“, dieses Lied fasst alles zusammen, das Stück, aber auch Zemlinskys tiefe Verletzung, es tut weh, jedes Mal. Aber im echten Leben hat Zemlinsky seinen Schmerz ja verarbeitet. Sein Herz wurde gebrochen, aber er hat jede Figur seines Lebens in seine Werke einfließen lassen. Er bewältigt seine Verletzung künstlerisch. Das ist wahre Größe!

DER ZWERG erzählt von der Hässlichkeit, der Brutalität der Gesellschaft der 1920er Jahre. Wieviel davon ist noch da?
Eher mehr sogar. Twitter, Facebook, Instagram, TikTok: Das sind unsere Spiegel. Wie viele Verletzungen den Selbstbildern junger Menschen dort zugefügt werden. Unser Selbstwertgefühl wird immer abhängiger von Reaktionen auf Bilder, die wir erzeugen, um reflektiert und bewertet zu werden.

Was fügt mehr Schmerz zu: Gelächter oder Hass? 
Hass. Lachen kann unterschiedliche Gründe haben, sogar auf Missverständnissen beruhen, die sie aus dem Weg räumen können, sie können sogar mitlachen. Aber Hass ist gefährlich.