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Das Abenteuer Begegnung - Deutsche Oper Berlin

Das Abenteuer Begegnung

Katharina Loock war zwischen 2012 und 2015 als Künstlerische Leiterin der Kinder und Jugend-Sparte an der Deutschen Oper Berlin engagiert und begleitete GIVE-A-WAY als Dramaturgin.

Es quietscht und hämmert, pocht und dröhnt aus dem Keller der Hector-Peterson- Schule: Enise [15] und Melda [14] feilen abwechselnd an einem langen Stück Holz für das Griffbrett ihres Banjos. Der fünfzehnjährige Fatih baut gerade den Korpus einer Gitarre. Seit drei Monaten fertigen die Schüler bereits gemeinsam im Projekt „Musikinstrumentenbau“ ihre eigenen Instrumente. „Jeder von uns konnte sich selber überlegen, was für ein Instrument er bauen will“, erklärt Melda. So entstehen im Werkstattraum neben Banjo und Gitarre u. a. eine Kalimba, eine Panflöte und ein Tasteninstrument, für das eine alte Keyboard-Tastatur zu neuem Leben erwacht.

Jeden Mittwoch haben die Schüler der 9. Klassen der Kreuzberger Hector- Peterson-Schule ihren Projekttag. Die Schüler können kreativ tätig sein und gleichzeitig berufsorientierende Erfahrungen sammeln. Jeweils ein Künstler aus unterschiedlichen Bereichen arbeitet in den Projekten mit einem Lehrer zusammen. Neben dem Projekt „Musikinstrumentenbau“ gibt es noch weitere Angebote, die heute ähnlich aktiv sind: Die Theater- und Schreibwerkstatt probt in der Aula an ihrer Präsentation zum Thema „Namen und deren Bedeutungen“. Im Kurs Theater / Musik / Technik bauen Schüler gerade gemeinsam mit zwei Klangkünstlern kleine Mikrofone, mit denen sie die Schwingungen von unterschiedlichen Objekten abnehmen können. Die Sporthalle ist von einer Gruppe energiegeladener Jungs beschlagnahmt, die sich nach ausgiebigem Aufwärmtraining auf Stelzen durch den Raum bewegen.

In dem knapp sieben Kilometer entfernten Opernhaus an der Bismarckstraße herrscht am Nachmittag desselben Tags ähnlich produktives Treiben: Auf einer Probebühne versuchen gerade drei Damen einen jungen Tenor zu bezirzen – das Ensemble probt DIE ZAUBERFLÖTE für das große Open-Air-Spektakel in der Waldbühne. In der Tischlerei wird der erste Durchlauf einer der vier LOVE AFFAIRS-Kurzopern vorbereitet. Die Ruhe vor dem Sturm erlebt man im Chorsaal, bevor dort in einer halben Stunde die Kinderchor-Probe beginnt. Ein Stockwerk höher kann man vom Flur aus den letzten Minuten der 4. Orchesteralleinprobe von WERTHER lauschen. Wenig später ist die konzentrierte Atmosphäre dahin, der Orchesterprobensaal gleicht einem Bienenstock: 80 Musiker verabschieden sich und schwärmen aus zu anderen Orten. Mittendrin im Treiben: die Schlagzeuger Rüdiger Ruppert und Björn Matthiessen. Wenig später rücken sie im nun leeren Saal schnell Xylophon und Marimba fürs Fotoshooting zurecht und steigen beherzt in die Improvisation ein. Man möchte diesem Moment des zwanglosen, entspannten Musizierens länger zuhören, doch Matthiesen muss bald los zur nächsten Probe …

Hector-Peterson-Schule und Deutsche Oper Berlin – zwei Institutionen, die auf den ersten Blick gegensätzlich erscheinen. Auf der einen Seite die Bildungseinrichtung im sogenannten „Brennpunkt“, geprägt von sozialer Armut, aber auch von kultureller Vielfalt und großem Kiez-Zusammenhalt. Auf der anderen Seite der Musiktempel des westeuropäischen Bildungsbürgertums im wohlsituierten Charlottenburg.

Doch es lohnt sich, genauer hinzusehen und die Gemeinsamkeiten zu entdecken: Innerhalb des durch Stunden- und Probenpläne durchgetakteten Tagesablaufs wird hier wie dort viel improvisiert, herrscht ein spielerisches, kreatives Treiben. Die Arbeit findet in weiten Teilen im geschützten Raum, unbeobachtet von der Öffentlichkeit, statt. Das dadurch erzeugte „Inselgefühl“, das Schule und Opernhaus verbindet, kann zur Entfremdung von der sozialen Umgebung führen. Es kann aber auch den Blick weiten: Raum für Experimente und Utopien lassen und verrückten Gedanken und Ideen eine Chance zur Entfaltung geben.
„Schenken tut, glaub’ ich, jeder gern. Man freut sich ja schon selbst, wenn man die Sachen einpackt. Also zumindest ist es bei mir so.“


Der erste Impuls, die beiden Institutionen zusammenzubringen, entstand im Gespräch zwischen David Reuter, Lehrer und Kulturbeauftragter der Schule, und Michaela Schlagenwerth, die als Kulturagentin innerhalb ihres Schulnetzwerks auch die Hector-Peterson-Schule betreut. Die Schule hatte bereits mit Kulturinstitutionen in der Nachbarschaft zusammengearbeitet. Die Idee einer Partnerschaft mit einem Opernhaus war ein Entwicklungsprozess, so Schlagenwerth, „zu denken, dass alles viel größer, viel weiter sein kann, dass man in ganz anderes Terrain gehen kann, in bildungsbürgerlich geprägte Kulturinstitutionen, die für unsere Schüler blinde Flecken sind.“ Nach ersten Gesprächen mit der Deutschen Oper Berlin entstand ein gemeinsamer Plan: Schule und Oper lassen sich ein auf ein Abenteuer, auf die Idee, in einem außerunterrichtlichen Projekt gemeinsam Kunst zu machen. Die Begegnung der Institutionen und der darin wirkenden Menschen soll auf Augenhöhe stattfinden – enttäuschende Beispiele kultureller Bildungsprojekte, in denen Kinder zu Orchestermusik tanzen oder ein Orchester zu HipHop-Tracks spielt, sollen mit diesem Projekt nicht wiederholt werden. Vielmehr geht es darum, die Begegnung der verschiedenen Menschen, ihre Fähigkeiten, Persönlichkeiten und Ideen künstlerisch sichtbar zu machen und auch als inhaltlichen Anker zu nutzen: Der Projekttitel GIVE-A-WAY verrät, dass es ums Teilen, Tauschen und Schenken geht.

„Schenken tut, glaub’ ich, jeder gern. Man freut sich ja schon selbst, wenn man die Sachen einpackt. Also zumindest ist es bei mir so“, erklärt der 15-jährige Kenan zwischen Theaterprobe und Pause. Hatice, Mines und Mohammed aus dem Klangworkshop sehen das ähnlich. Mohammed erzählt strahlend: „Das letzte Geschenk, das ich gemacht habe, war für meine Mutter am Muttertag. Das war Parfum und Rosen und dann noch so ein Pokal, auf dem stand: ‚beste Mutter der Welt‘“. Hatice ist sich sicher: „Alles ist gegenseitig. Wenn du etwas gibst, kommt was anderes zurück!“, ergänzt Mohammed.

Alexandra Holtsch, künstlerische Leiterin des Projekts, wurde von Schule und Oper gemeinsam beauftragt, für die vielen verschiedenen Einflüsse eine künstlerische Form zu finden. Nach einem klassischen Musikstudium machte sie zunächst Punk-Rock, anschließend legte sie jahrelang als DJ in Clubs auf. Sie ist es gewohnt, bestehende Dinge in neue Zusammenhänge zu bringen, Altes miteinander zu verknüpfen und Neuem gegenüberzustellen und daraus wiederum Neues entstehen zu lassen. Heute setzt sie diese Erfahrungen als Komponistin, Regisseurin, Musikerin und Klangkünstlerin in Theaterproduktionen ein. Seit mehreren Monaten ist Alexandra Holtsch immer wieder in der Schule, begleitet und beobachtet die Arbeit in verschiedenen AGs und im Unterricht, tauscht sich mit Schülern, Lehrern und in Projekten eingebundenen Künstlern aus, sammelt O-Töne mit dem Aufnahmegerät. Auch heute ist sie vor Ort. Bei der Theaterprobe konnte sie beobachten, „wer sich traut und wer sich nicht traut“. Im Gespräch mit dem Leiter der Soundwerkstatt hat sie mehr über die Kenntnisse der Schüler im Bereich Aufnahmetechnik erfahren. „Das ist sehr interessant für das Projekt, falls wir zum Beispiel ein Aufnahmeteam auf der Bühne einsetzen wollen.“ Teilweise finden sich beim Zuschauen in den AGs auch schon inhaltliche Anknüpfungspunkte für das Bühnenprojekt: „Ich möchte an den Sachen der Schüler möglichst gar nicht so viel rumfuchteln, sondern sehe teilweise ganz deutlich, wie sich das von selbst entwickelt.“

Auf der anderen Seite der Stadt hat der Schlagzeuger Rüdiger Ruppert mit Freude einen Cappuccino spendiert und erinnert sich an das schönste Geschenk seines Lebens, das er als 10-jähriger im Rheinland-Pfälzischen Bundenthal geschenkt bekam: „Mein Vater hatte in der Zeitung eine Annonce für ein gebrauchtes Schlagzeug gesehen. Ich weiß das noch genau: als ich damals in diesen Keller runtergegangen bin, dieser leicht modrige Geruch, und wie das ausgesehen hat, dieses schwarze Schlagzeug. Ja und dann haben wir es eingepackt, mit nach Hause genommen und von da an war ich jeden Tag in der Autogarage und hab getrommelt.“ Gemeinsam mit seinem Kollegen Björn Matthiessen aus dem Orchester der Deutschen Oper Berlin wird Ruppert beim Projekt GIVE-A-WAY mit seinem Quartett Symphonic Percussion Berlin mitwirken. In der Begegnung mit der Hector-Peterson-Schule sieht er eine Bereicherung für seinen Alltag als Orchestermusiker: „Wenn man zu sehr in eine Sache involviert ist, verliert man leicht den Bezug zur Wurzel, warum man das Ganze mal angefangen hat. Ich freu mich auf das Projekt … gerade weil man auch gar nicht so genau weiß, was passiert.“

Vielleicht ist es mit diesem gemeinsamen Abenteuer von Schule und Opernhaus ähnlich, wie Mertan das Laufen auf Stelzen beschreibt: Man muss erst mal klarkommen. Am Anfang läuft man nur an der Wand. Irgendwann geht‘s mit einem Partner im Raum. „Man muss Vertrauen haben und sich auch auf den anderen verlassen können …“

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