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Sieben Fragen an ... Anja Harteros - Deutsche Oper Berlin

Sieben Fragen an ... Anja Harteros

Anja Harteros singt in ANDREA CHENIER die junge Adlige Maddalena di Coigny, die sich in einen Revolutionär verliebt – und mit ihm in den Tod geht. Hier erzählt die Sopranistin von der Opferrolle der Frau – und von Maddalenas Facetten und Traumata

Andrea Chenier
Foto:
 

Andrea Chenier
Dramma di ambiente storico in vier Akten von Umberto Giordano
Dirigent: John Fiore
Inszenierung: John Dew
Mit Martin Muehle, Juan Jesús Rodríguez, Anja Harteros u. a. 
17., 23. Juni 2022

Glauben Sie an Liebe über den Tod hinaus? 
Ich glaube, dass nichts in dieser Welt einfach verschwindet. Und die Liebe, wie alles andere, geht in den Kosmos des Ganzen ein, wie sie wohl auch aus diesem gekommen ist.

Wofür lohnt es sich, zu sterben? Für wen?  
Das Leben ist vor allen Dingen schützenswert. Aber in dieser Oper geht es auch darum, ein Zeichen zu setzen. Die beiden werden öffentlich hingerichtet, das ist das beängstigende Zeichen der Obrigkeit. Die Liebenden setzen dem durch ihren gemeinsamen Liebes-Tod etwas entgegen: die unerschütterliche Kraft der Liebe.

Maddalena opfert ihr Leben. Und rettet ein anderes. Bewundernswert? Oder irrsinnig?
Maddalenas freiwilliger Tod rettet das Leben einer jungen Frau, Idia Legray. Sie, Legray, ist Mutter, und das gibt diesem Rollentausch noch eine überordnende Komponente, denn so rettet Maddalena auch deren Kind. Doch im Prinzip ist Legray für Maddalena nicht wirklich wichtig. Diese Frau ist nur das Mittel, welches Maddalena den Weg zu ihrem geliebten Andrea eröffnet. Ein Leben ohne Chénier erscheint Maddalena sinnlos. Hätte sie nicht den Entschluss gefasst, mit Chénier gemeinsam zu sterben, würde sie das Leben der Legray wohl auch nicht retten können.

Wofür bringen sie Opfer? 
Ich bringe gerne Opfer durch Verzicht, wenn es mir sinnvoll erscheint.

Ist das überhaupt noch zeitgemäß? 
Warum sollte es das nicht sein? Wenn Sie die „klassische“ Opferrolle der Frau meinen, so bin ich dankbar über die Entwicklungen unserer Zeit. Maddalenas Handeln ist allerdings angesichts ihrer Traumata nachvollziehbar. Sie hat immerhin mitangesehen, wie man ihre Mutter abgeschlachtet und ihr Elternhaus ausgebrannt hat, wie ihre Gefährtin sich prostituieren musste und ihre Liebe kurz vor der Hinrichtung steht.

Was fasziniert Sie an Maddalena?
Maddalena hat diese wunderschöne Arie im dritten Akt, in der sie die Liebe als Rettung aus tiefstem Leid beschreibt. Das finde ich ungeheuer anrührend, so tief verständlich und faszinierend! In dieser Rolle kann ich einige Facetten auf kürzestem Raum spielen: von der verwöhnten Adelstochter im ersten Akt, über ihre mutige, überbordende Liebe im zweiten und die übermäßige Tortur im dritten Akt – bis zu ihrer heroischen Selbstaufgabe als Zeichen ewiger Liebe im letzten Akt.

Wären Sie Maddalenas beste Freundin: Was würden Sie ihr zurufen? 
Ich würde zuvor an meinen Tränen ersticken.

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