Aus Libretto #9 (2023)

Sieben Fragen an ... Clémentine Margaine

Clémentine Margaine singt mit der Titelrolle in Massenets HÉRODIADE eine Frau, die zerrissen ist zwischen Eifersucht und Mutterrolle

Hérodiade ist machthungrig, eifersüchtig und aufrichtig liebend zugleich. Welches dieser Gefühle spricht Sie am meisten an?
Mich spricht genau diese Komplexität an. Hérodiade durchleidet starke innere Konflikte, ihre Gefühle sind nicht miteinander vereinbar, sie ist zerrissen und voller Wut. Das fasziniert mich.

Wie setzt Massenet diese unterschiedlichen Gefühlslagen musikalisch um?
Das ist genial gelöst, er lässt uns den Furor spüren, der Hérodiades Fühlen und Handeln bestimmt. Ihre Auftritte beginnen immer mit einem Fortissimo und zeigen erst dann ihre feminine, zarte Seite. Am Anfang steht auch musikalisch die Wut, sie muss durch den Zorn erst hindurchfinden.

Hérodiade verursacht aus Eifersucht den Tod ihrer eigenen Tochter. Können Sie da Empathie aufbringen?
Als Mutter muss ich gestehen: Hier endet meine Vorstellungskraft. Aber ich habe nie mein eigenes Kind zurückgelassen, ich weiß zu wenig über ihre Traumata. Ich versuche, ihr Handeln nicht zu beurteilen. 

Worin besteht die größte Herausforderung dieser Rolle?
In der Vielschichtigkeit. Mit jedem Auftritt wird Hérodiade von einem anderen Gefühl übermannt, über allem aber schwebt ihre Wut. Ihre allerersten Worte lauten »Venge-moi« (Räche mich), das setzt den Ton. Die Facetten ihrer Persönlichkeit glaubhaft zu verkörpern, ohne zu übertreiben, ohne hysterisch zu spielen, darin liegt die Herausforderung. 

Wie bereiten Sie sich auf die Rolle vor? 
Ich habe da eine Art Ritual: Es mag merkwürdig klingen, aber vor jedem Rollendebüt lese ich als allererstes immer die jeweilige Ausgabe von »Avant-Scène Opéra«, einem bekannten französischen Opernführer. Erst dann schaue ich in die Partitur und beginne zu singen. Und zwar immer zuerst die Passagen, die mir Spaß machen, die mir leichtfallen. Sich eine Rolle zu erschließen bedeutet auch, Frustration auszuhalten, Situationen zu erleben, in denen man einfach nicht weiterkommt. Am Anfang soll für mich aber immer die Freude und Lust am Singen stehen. Und ich versuche, auch meinen Körper daran zu erinnern, was für ein Genuss das Singen eigentlich ist.

Wie gehen Sie bei der Vorbereitung mit Passagen um, in denen Sie nicht weiterkommen? 
Da gibt es kein allgemeingültiges Rezept. Was mir aber schon oft geholfen hat: Zuhören, wie es andere vor mir gelöst haben. Ich bin jemand, der sich wirklich jede Aufnahme einer Oper anhört, die er finden kann. Und ich möchte genau verstehen, warum ich etwas mag, warum mich manches besonders berührt und anderes nicht. Manchmal ist es nur ein einzelner Atmer an einer bestimmten Stelle, der bei mir den Knoten zum Platzen bringt. Wir haben heutzutage durch Streaming ganz andere Möglichkeiten, als es Sängerinnen und Sänger noch vor 20 Jahren hatten. Auch dass es so viele Videoaufnahmen bei Youtube gibt, in denen man den Gesichtsausdruck der großen Sängerinnen studieren kann, wie sie die Lippen bewegen, wie sie atmen, bis hin zur Position der Zunge. Es gibt wohl keine besseren Lehrerinnen für mich, ich kann mich darin richtiggehend verlieren.

Die Oper endet mit dem Tod von Salome und Jean tragisch. Was nehmen Sie persönlich aus HÉRODIADE mit?
Es ist doch interessant, dass Massenet seine Oper zwar nach HÉRODIADE benannt hat, aber ich gefühlt gar nicht die Hauptfigur bin, zumindest was die Bühnenzeit angeht. Ich habe mich oft gefragt, warum er nicht SALOME als Titel für seine Oper ausgewählt hat, so wie später auch Richard Strauss. Und je tiefer ich mich in die Partie einarbeite, desto mehr glaube ich, dass es gerade die Widersprüchlichkeit der Figur ist, die Massenet den Fokus auf Hérodiade hat legen lassen. Auch ich verstehe sie nach wie vor nicht vollständig, aber ich lerne immer mehr, genau das zu akzeptieren. Das nehme ich aus der Partie mit. 

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02
DEZ

Advents-Verlosung: Das 2. Fensterchen

Im heutigen Adventskalender-Fensterchen verlosen wir 3 mal eine DVD von „Der Schatzgräber“ – eine Oper in einem Vorspiel, vier Akten und einem Nachspiel von Franz Schreker. Wenn Sie eine der drei DVDs gewinnen möchten, schreiben Sie bitte heute eine E-Mail mit dem Betreff „Das 2. Fensterchen“ an advent@deutscheoperberlin.de.

Schon die Uraufführung von Franz Schrekers DER SCHATZGRÄBER im Jahr 1920 in Frankfurt geriet zum Sensationserfolg, und es folgten allein in den nächsten fünf Jahren nicht weniger als 44 Inszenierungen an verschiedenen Häusern. Doch dann wurde es still um das beliebte Werk. Schrekers Opern schienen nicht mehr dem Zeitgeist zu entsprechen, mit dem Aufführungsverbot der Nationalsozialisten verschwanden die Partituren endgültig in den Schubladen. Und auch nach 1945 dauerte es lange, bis eine Schreker-Renaissance einsetzte. DER SCHATZGRÄBER jedoch hat es bis heute schwer.

Wie fast alle Libretti Schrekers stellt auch die Geschichte um Els und Elis die Frage nach dem Verhältnis von Fantasie und Realität, von Kunst und Leben: Seelenverwandt als einsame „Kinder von Traumkönigs Gnaden“ jagen Els und Elis unterschiedlichen Schätzen nach. Elis, der fahrende Sänger, spürt mit seiner Kunst in Gestalt einer magischen Laute Gold und Edelsteine auf, um die Menschheit zu beschenken. Die Kneipentochter Els hingegen, mutterlos aufgewachsen in einer brutalen Männerwelt, wird für ihr Ziel zur Lügnerin, Diebin und Mörderin: Sie schickt ihre Freier aus, um den Schmuck der Königin zu stehlen. Die ungeliebten Männer lässt sie sodann nach erfolgreicher Übergabe des Diebesguts skrupellos ermorden. Doch selbst der Besitz allen Goldgeschmeides stillt beider Verlangen nicht. Und so geht es auch in dieser Schreker-Oper einmal mehr um das Sehnen selbst, das der Komponist als den eigentlichen „Schatz“ bezeichnet: „einen Traum von Glück und Erlösung“. Elis und Els verlieren sich in diesen Träumen, Erinnerungen und Ahnungen, in Liedern, in Musik. Ihre Geschichten geraten zum Traumspiel in einer Welt voller Gier, Mord und emotionaler Haltlosigkeit. Für Franz Schreker konnte nur die Kunst selbst die Erlösung bieten. In den Kriegswirren ab 1914 komponiert, ist die Partitur des SCHATZGRÄBER so auch Schrekers persönliches künstlerisches Credo in prächtigen spätromantischen Farben.

Musikalische Leitung Marc Albrecht; Inszenierung Christof Loy; Bühne Johannes Leiacker; Kostüme Barbara Drosihn; Mit Tuomas Pursio, Doke Pauwels, Clemens Bieber, Michael Adams, Joel Allison, Michael Laurenz, Thomas Johannes Mayer, Seth Carico, Daniel Johansson, Gideon Poppe, Stephen Bronk, Elisabet Strid, Patrick Cook, Tyler Zimmerman u. a.; Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin



Einsendeschluss: 2. Dezember 2023. Die Gewinner*innen werden am 4. Dezember 2023 per E-Mail informiert. Die DVDs gehen anschließend auf dem Postweg zu. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.