Hoffmanns Spaziergänge

E.T.A. Hoffmann war Dichter, Komponist, Jurist, Kritiker – und begeisterter Berliner. Dramaturgin Katharina Duda hat ihn auf einen imaginären Spaziergang begleitet

„Der Spätherbst in Berlin hat gewöhnlich noch einige schöne Tage.“ – „Da haben Sie Recht, Herr Kammergerichtsrat. Wollen wir spazieren gehen?“, antworte ich dem schmalen Herrn und lade meinen Traumgefährten ein, auf einen Spaziergang durch Berlin, entlang der Zeit, durch sein Leben und die Erinnerungen. Wir starten von der Deutschen Oper. Mein Begleiter ist der Kammergerichtsrat Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann, geboren 1776 in Königsberg, Ostpreußen. Den „Wilhelm“ mochte er aber nicht und tauschte ihn gegen Amadeus, wie Mozart, den er bewunderte. E.T.A. Hoffmann also. Den studierten Juristen kennt man als Autor von Nacht- und Schauerstücken, Musikkritiker, Karikaturisten ... „Und Komponisten! Vergessen Sie’s nicht!“ – „Aber nein!“ Hoffmanns Oper UNDINE wurde 1816 am Schauspielhaus in Berlin uraufgeführt. Er hat noch einiges mehr geschrieben. Nur sein Geld musste er leider anders verdienen. Im preußischen Staatsdienst, am Kammergericht.

Am Spreekanal setzen wir uns auf eine Bank. „Hier bin ich mal dem Ritter Gluck begegnet!“, fällt meinem Begleiter ein. Er meint den Komponisten Christoph Willibald Ritter von Gluck. In einer Erzählung von 1808 trifft ihn der Erzähler wiederholt in Berlin. Zwar war Gluck zu diesem Zeitpunkt schon tot, aber das schreckt uns nicht! Um Komponisten, Sängerinnen oder um die Macht der Musik geht es oft bei Hoffmann. Kein Wunder, dass ihn die Musiker lieben!

In Jacques Offenbachs Oper LES CONTES D’HOFFMANN, zu Deutsch: HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN, plagt sich der Berliner Dichter als Held seiner eigenen Geschichten mit Liebe, Suff und Spuk herum. Menschen in Sportkleidung rennen am Spreekanal rauf und runter. „Jogger“, erkläre ich. Er findet’s amüsant: „Das wäre was für Turnvater Jahn!“ Friedrich Ludwig Jahn ist ein Zeitgenosse Hoffmanns, der wegen allerhand aufwieglerischer Äußerungen eine Weile in Untersuchungshaft saß. Der preußische Staat machte nach den Befreiungskriegen mal wieder kräftig Restauration. Als Mitglied der „Immediatkommission zur Ermittlung hochverräterischer und anderer gefährlicher Umtriebe“ sollte Hoffmann sich daran beteiligen. Doch der veranlasste ein Ermittlungsverfahren gegen den Polizeichef und verspottete ihn in der Erzählung vom „Meister Floh“. Das ging dann doch zu weit. Hoffmann sollte strafversetzt werden. „Gehen wir!“, sagt der Dichter fröstelnd. „Es wird dunkel.“ Durchs Brandenburger Tor eilen wir durch die Französische Straße zum Gendarmenmarkt. „Wie mit Schlemihls Siebenmeilenstiefeln!“, meint der Dichter und muss kurz verschnaufen. Adelbert von Chamissos Romanheld Peter Schlemihl spukt auch durch E.T.A. Hoffmanns Werk. In den „Abenteuern der Sylvesternacht!“ trifft man ihn in der Kneipe. Da saß der Dichter auch selber gern. Am liebsten bei Lutter & Wegner, im Eckhaus, neben der Hochschule für Musik Hanns Eisler.

Ganz in der Nähe wohnte er bis zu seinem Tod mit Blick auf den Gendarmenmarkt. Als 1817 das Schauspielhaus brannte – „und die Dekorationen zu meiner UNDINE!“ –, sah der Dichter vom Fenster aus zu. „Auf unserm Gendarmenmarkt wird’s einem so schnell nicht öde“, sagt er heute, lächelt und bestellt noch ein Bier. „Was soll man machen? Das Leben ist kurz!“ Seines war es in der Tat. Ab Januar 1822 fesselt eine Rückenmarkslähmung den 46-Jährigen ans Haus, nimmt ihm zuletzt den Atem. Fast bis zu seinem Tod am 25. Juni 1822 diktiert er: Geschichten, Betrachtungen und immer wieder Szenen aus der geliebten preußischen Hauptstadt. Vieles aus diesem alten Berlin ist in bald zwei Jahrhunderten verschwunden. Was bleibt? Aus einem Fenster der Hanns Eisler klatscht uns ein Schwall Musik auf den Kopf, irgendwas von Mozart. Oder Offenbach. Hoffmann vielleicht. Jedenfalls frei erfunden.

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