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Nixon in Wonderland - Deutsche Oper Berlin

Nixon in Wonderland

Hauen und Stechen im Gespräch mit Carolin Müller-Dohle

Ihr steht als Kollektiv für eine eigenwillige und wilde Theatersprache, die die Grenzen zwischen Oper, Theater und Performance perforiert. Jetzt erarbeitet ihr NIXON IN CHINA – eine Oper, die ein sehr konkretes Ereignis der jüngeren Zeitgeschichte auf die Bühne bringt. Wie geht ihr als Hauen und Stechen mit diesem Stoff um?

Julia Lwowski Wir versuchen dieser Geschichte über zwei Giganten und ihre brutalen Machtspiele das Thema der Gemeinschaft entgegenzusetzen. Die Bildung einer Gemeinde und der Kontakt zum Publikum sind mitunter die größten Anliegen in unserer Arbeit als Hauen und Stechen. Das merkt man auch gleich bei unserer Inszenierung von NIXON: Die Bühne streckt sich wie eine rote Zunge über den Orchestergraben bis in den Zuschauerraum, die Kostüme haben einen spielerischen, erotischen Gestus. Wir suchen in der Regie immer wieder das epische Moment, das auch schon im Stück angelegt ist, um eine Dialektik zu erzeugen: Zwischen dem egomanisch-patriarchalen Gebaren der Hauptfiguren und dem gleichzeitigen Entstehen einer Gemeinschaft, in der man diesen Abend erlebt.

Christina Schmitt Zunächst war das Thema der Oper – dieses Aufeinandertreffen der beiden Supermächte – für uns ein riesiges Recherchefeld. Wir haben monatelang gelesen und Informationen gesammelt, um dem Stoff künstlerisch begegnen zu können und unsere eigene Sprache darin zu finden. Nach und nach haben wir die spielerische Lust an den Figuren entdeckt und einen Weg gefunden, diesem hochpolitischen Komplex mit einer riesigen Fantasie zu begegnen – und darin das Ganze auch größer und allgemeingültiger werden zu lassen als das konkrete historische Ereignis.

Martin Mallon Uns wurde mit der Zeit klar, dass man über die bereits im Stück angelegte Absurdität zu einem Zugriff gelangen kann – und eben nicht darüber, dass man die Figuren als historische Persönlichkeiten erzählt oder die geschichtlichen Ereignisse dokumentarisch nachvollzieht. Wir brechen das Verhandelte in sehr vielen Spiegeln und schaffen dadurch ein Zerrbild, das vielleicht viel präziser ist als eine gute Porträtzeichnung.

NIXON IN CHINA kam 1987, fast fünfzehn Jahre nach dem historischen Ereignis, zur Uraufführung. Dadurch steht das Werk in gewisser Weise auf der Schwelle – zwar hat es sich mittlerweile im Opernkanon etabliert, liegt zeitlich und thematisch aber noch in näherer Schlagweite. Wie blickt ihr aus der heutigen Zeit darauf und wie kommt ihr in eine produktive, kritische Distanz dazu?

Martin Mallon Die Oper führt einen in gewisser Weise aufs Glatteis: Einerseits ist der Text durchaus kritisch und versucht, auch von China ein sehr belesenes, wissendes Bild zu zeigen und auf behutsame Weise mit der Mystik und Rätselhaftigkeit des Fremden umzugehen. Bezeichnenderweise machen sich Libretto und Musik vorgeblich auch nicht über Mao und die chinesische Seite, sondern über die amerikanische Delegation lustig. Dadurch wird eine demokratische Liberalität ausgestellt, die Kritik zulässt – aber es bleibt ein von Amerikaner*innen gemachtes Stück, das rein aus dieser Perspektive erzählt ist. Uns war es wichtig, diese kritische Auseinandersetzung mit der Autorschaft in unserer Arbeit mitzudenken. Und wir schauen in unserer Inszenierung ja wiederum mit unserem Blick und unserer Geschichte darauf.

Yassu Yabara Wir haben von Beginn der Konzeption an sehr viel über das Thema der Propaganda gesprochen und darüber diskutiert, ob die gesamte Dokumentationsebene des Staatsbesuchs darunterfällt – auch die Oper. Auch wenn sie die Entstehung der Bilder thematisiert und zeigt, dass die Reise eine Propagandatour war: Wird sie dadurch weniger propagandistisch? Also haben wir genau das zu unserem Zugriff gemacht: Wir schlachten das Mittel der Propaganda mit einer großen Lust an der Überzeichnung maximal aus. Dadurch zeigt sich auch die Oberflächlichkeit dieses Mittels, die sich hinter der Fassade befindende Leere und die Abwesenheit von Wahrheit. NIXON IM WUNDERLAND: Das Ganze ist eine bloße Behauptung.

Franziska Kronfoth Gleichzeitig steht diese märchenhafte, surreale Ebene für mich manchmal in einem fast schmerzhaften Widerspruch zur Historie und ihren Figuren. Als Regisseurin wird man fast von dem Anspruch aufgerieben, genau dieses fantasievolle, gemeinschaftliche, im besten Sinne kollektive Theater zu schaffen und gleichzeitig von Dingen zu erzählen, für die man eigentlich gar keine Worte oder Bilder finden kann. Auch der Musik muss man mit ihren stetigen Repetitionen beikommen – sie ist wie eine gewaltige Maschine der Macht. Immer wieder stellt sich die Frage, ob das, was wir zeigen, deutlich und scharf genug ist und dem Gegenstand gerecht wird.

Fordert diese Oper heraus, dass man sich als Regieteam politisch zu den in ihr verhandelten Themen positioniert?

Martin Mallon Bezeichnenderweise fällt es uns leichter, politische Inszenierungen von eher unpolitischen Stücken zu machen. Denn darin gibt es oft genug Platz, um neue Bedeutungen zu suchen oder auch um etwas gegen den Strich zu bürsten. Dieses Stück hingegen ist so voll von Politik, dass wir uns diesen Raum erst einmal schaffen und quasi eine Gegenstrategie anwenden mussten: Wir haben die Geschichte stellenweise entpolitisiert, um eine andere Art des Politischen darin zu entdecken.

Christina Schmitt Sicher haben wir alle eine bestimmte Haltung zu Kissingers und Nixons Politik oder auch zu Maos Diktatur. Letztlich ist es aber nicht unsere Idee von Theater, Meinungen und Haltungen zu postulieren, sondern Fragen zu stellen. Auch da zoomen wir mithilfe der aufgeblasenen Bilder von einzelnen Aussagen der Figuren und vom China-Besuch Nixons auf einen größeren Kontext. Unsere Fragen richten sich generell an zwischenmenschliche Systeme und Praktiken: Wie entstehen solche Systeme des Machterhalts und welche Rolle spielt Propaganda in diesem großen Bild?

John Adams und Alice Goodman betonen ja auch immer wieder, dass sie das Dokumentarische in eine archetypische Form überführen wollten, um eine „heroische Oper“ zu schaffen, die auf der Operntradition des 19. Jahrhunderts fußt.

Franziska Kronfoth Genau das befreit uns auch ein stückweit davon, die Geschichte nachspielen zu wollen. Schon der Gesang führt zu einer Verfremdung und im besten Sinne zu einer absurden Situation. Man kommt dadurch gar nicht in die Versuchung, wie vielleicht mit Schauspieler*innen, ein Biopic zu machen und die Illusion zu erzeugen, dass es sich um reale Personen handelt. Die Verfremdung ist durchweg im Stück präsent. Alle Figuren bekommen neue Eigenheiten in ihrem musikalischen Charakter untergeschoben und die Grenzen zwischen dem Dokumentarischen und Fiktionalen werden brüchig.

Julia Lwowski In unserer Inszenierung von Paul Dessaus und Bertolt Brechts Oper DIE VERURTEILUNG DES LUKULLUS an der Staatsoper Stuttgart haben wir uns mit dem Typus des antiken Despoten auseinandergesetzt. Bei NIXON IN CHINA begegnen uns moderne Archetypen: Diktatoren und Mörderdiktatoren des 20. Jahrhunderts, die in verschiedenartiger Gestalt immer wiederkehren – leider bis heute. Nixon sagt an einer Stelle zu Mao: „My feet are firmly planted on the ground. Like yours. We can talk“. Dabei steht hier niemand mit seinen Füßen auf dem Boden – normale Unterhaltungen sind gar nicht möglich. Alle versuchen nur krampfhaft, dieses Bild aufrecht zu erhalten.

Yassu Yabara Im Gegensatz zu Mao und Nixon wird Lukullus am Ende der Oper als Archetypus für seine Taten verurteilt; Brecht liefert seine Haltung zu dieser Figur direkt im Stück mit. Bei NIXON CHINA ist das viel unklarer: nimmt sich das Stück überhaupt der Verantwortung der dargestellten Archetypen an? Um über die elende Behauptung der Figuren im Stück hinauszukommen, welche Ideologie die bessere ist, gehen wir schließlich auf eine Makroebene: Wir setzten die Männer, die immer von „History“ sprechen, wirklich dazu ins Verhältnis: zur Weltgeschichte, Solargeschichte, zur Geschichte des Universums.

Besonders im dritten Akt, wenn sich die zeitlichen Dimensionen relativieren und Gesetzmäßigkeiten herrschen, in der die Vorherrschaft des Menschen vielleicht ins Wanken gekommen ist.

Franziska Kronfoth Hier war es uns sehr wichtig, noch einmal einzuhaken und die Figuren nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen, denn im Stück geraten sie hier in einen zeitlosen Zustand, in dem sie ihren Erinnerungen und Gedanken nachhängen. Mao und Chiang Ch‘ing erleben, wie sich das kommunistische China neu formiert. Richard und Pat Nixon erinnern sich an die Zeit, in der er im Südpazifikkrieg als Soldat stationiert war. Dieses private und apolitische Moment birgt eine große Problematik: Die Figuren werden aus der Verantwortung genommen und das Stück verliert sich in einer Poesie des Privaten, des Nachdenkens und Erinnerns. Wir möchten uns mit unserer Interpretation auf eine bestimmte Weise dagegenstellen.

Der Staatsbesuch war ein Medienspektakel der Superlative, schon bei seiner Antrittsarie reflektiert Nixon über die mediale Wucht des Ereignisses, vergleicht es gar mit der Mondlandung. Die Oper denkt diese mediale Ebene konsequent mit. Kommt das eurem Einsatz von Live-Kamera und Video entgegen?

Martin Mallon Die Live-Kamera ist für uns ein selbstverständliches künstlerisches Mittel und trifft hier den Kern dessen, was Adams am Staatsbesuch interessiert hat: wir reproduzieren noch einmal zusätzlich den Charakter des Medienevents. Darüber hinaus erlaubt es den Darsteller*innen ein intimeres und feineres Spiel, da sie nicht immer über große Gesten in den Zuschauerraum senden müssen. Die Eigenheiten der Darsteller*innen und die Raffinesse ihres Spiels tritt deutlicher hervor: Die Kamera ist wie ein großer Zoom in ihre Gedanken und Affekte.

Franziska Kronfoth Wenn das Kleine mithilfe der Kamera großgemacht wird, entsteht eine produktive Irritation. Denn bei dieser Intimität haben wir kein dokumentarisches Interesse, sondern behaupten eine neue Realität – schwindeln kreativ, um neue Wahrheiten herauszukitzeln.

Dieses Irritationsmoment steht stellvertretend für ein grundlegendes Thema des Abends, nämlich die Frage nach real und fake und das Aufspüren der Graubereiche zwischen Original und Fälschung, wie auch bei den KI-generierten Bildern, die Teil der Inszenierung sind.

Julia Lwowski Das ist ein weiterer Vorzug der filmischen Mittel: Wir können dort unserer Fantasie freien Lauf lassen, fast alles ist mithilfe des Green Screens und des Samplings von Zitaten aus der Filmgeschichte umsetzbar. Und natürlich führen wir dadurch auch vor, was Medien leisten können: Bilder erzeugen, die es so eigentlich nie gegeben hat.

Franziska Kronfoth Während des Abends entsteht so ein andauernder Dialog zwischen dem historischen Faktum und seiner Darstellung, seiner Inszenierung. So stehen zum Beispiel auf den Kostümen die Namen früherer Opfer Maos – das sind historische Fixpunkte wie die Szenen in der Oper, die wirklich stattgefunden haben: Pats Sightseeing-Tour in Peking oder das große Bankett. Gleichzeitig dreht das Werk auch in diesen realen Momenten völlig frei.

Im zweiten Akt besuchen die Nixons eine Aufführung der kulturrevolutionären Propagandaoper „Das rote Frauenbataillon“ – ein Stück, das es tatsächlich gegeben hat und das heute noch in China aufgeführt wird. Ihr habt euch dazu entschieden, die Szene nicht als Ballett zu reenacten, sondern mit Performer*innen und Schauspieler*innen eures Kollektivs auf die Bühne zu bringen. Welche Konsequenzen hat ihre Präsenz während des gesamten Abends?

Julia Lwowski Die Performer*innen und Schauspieler*innen sind langjährige Weggefährt*innen unseres Kollektivs und haben unsere Theatersprache maßgeblich miterfunden. Durch sie springen die Funken unserer Ideen schneller über als es Regie, Bühne und Kostüme alleine leisten könnten. Es ist großartig, als Kollektiv nicht nur hinter der Bühne, sondern auch auf der Bühne zu sein – diese Aufhebung einer sonst so typischen Grenze ist ein großes Geschenk und eine Form von Theater, die wir sehr schätzen. Hinzukommt, dass wir hier mit einem unglaublich talentierten Sänger*innenensemble arbeiten dürfen, das sehr offen für unsere Ideen ist und sich selbst stark einbringt. Sicher ist der Abend auch dadurch so besonders, dass unsere Performer*innen sich mit den Sänger*innen der Deutschen Oper Berlin mischen und sozusagen zu etwas Drittem, Neuen und Schönen verschmelzen – eine Fusion aus Deutscher Oper und Hauen und Stechen.

Franziska Kronfoth Wir haben uns immer wieder gefragt, wie wir mit den historischen Schwergewichten in diesem Werk umgehen und wie viel Raum und Stimme wir ihnen geben können und wollen. Deren Präsenz relativiert sich durch die Anwesenheit unserer Performer*innen, weil es durch sie noch andere wichtige starke Rollen und Spielweisen auf der Bühne gibt. Sie bilden eine Art subversives Gegengewicht, sodass die Giganten vielleicht doch nicht mehr ganz so riesig erscheinen. Das wäre am Ende vielleicht doch noch eine Utopie.

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