Fünf Fragen an Christian Spuck - Deutsche Oper Berlin

Fünf Fragen an Christian Spuck

Christian Spuck ist Choreograf. Er hat FAUSTS VERDAMMNIS inszeniert, eine musikdramatische Interpretation von Goethes „Faust I“.

Die Titelfigur in FAUSTS VERDAMMNIS will Suizid begehen. Wie tanzt man Depression?
Depressionen kann man nicht tanzen. In der „Damnation de Faust“ wird viel getanzt, aber der Faust selbst tanzt nicht. Man kriegt aber Depressionen, wenn jemand schlecht tanzt!

Im Stück dreht sich viel um Überdruss, Langeweile: Woraus erwachsen die?
In der literarischen Vorlage von Goethe ist Faust ein älterer Wissenschaftler, der mit seinen Studien darüber, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ nicht weiterkommt. Er kann sein Wissen nicht erweitern und verliert darüber die Lust am Leben. Bei Hector Berlioz ist er ein an sich scheiternder Künstler, eine autobiografische Figur, die an sich selbst leidet, sich verloren fühlt. Für diesen Überdruss gibt es im Französischen einen Begriff: ennui. Ein Zustand, in dem jemand alles hat, mit sich selbst nichts anzufangen weiß und an Melancholie erkrankt. Eine Stimmung, die lähmt.

Das Werk von Berlioz war ein totaler Misserfolg, der den Komponisten in eine tiefe Krise stürzte. Berlioz hat die Aufführungen aus eigener Tasche finanziert, einen riesigen Orchesterapparat, einen opulenten Chor. Er hat große Industriehallen gemietet und wahnsinnig viel Geld in das Stück gepumpt – und es hat beim Publikum und der Kritik einfach nicht funktioniert. Das muss für ihn ein unheimlicher Rückschlag gewesen sein. Gleichzeitig zeigt Berlioz‘ Handeln seine Schaffenskraft, seinen Willen, seine Kunst zu zeigen. Das ist doch ganz erstaunlich.

Vor welche Herausforderungen hat der Stoff Sie gestellt?
Das Stück ist weder ein Oratorium noch eine Oper, es hat eine ganz eigene Form und Struktur. Es ist erzählerisch nicht linear, die Szenen sind nicht miteinander verbunden, das Stück entzieht sich der Logik. Berlioz hat die gängigen Formate aufgelöst, so erinnert FAUSTS VERDAMMNIS an eine große Revue, eine Opern-Oratorium-Tanzproduktion. Das war herausfordernd – aber das ist gleichzeitig natürlich auch das Tolle an diesem faszinierenden Werk.

Wie weit in die Krise gehen Sie für die Kunst?
Ich bin andauernd in der Krise! (lacht) Als Künstler ist man immer ein Suchender und Zweifelnder und selten zufrieden mit dem, was man findet. Das kann manchmal zu Momenten der Lähmung führen kann oder zu Melancholie. Gleichzeitig ist natürlich genau das der Motor weiterzusuchen und Kunst zu machen.

Ihr Faust scheint unberührbar. Sind wir Faust? Abgestumpft durch die Krisen, Nachrichten, Klima, Trump?
Wir werden medial mit dem Schrecken der Welt gefüttert – und fühlen uns hilflos. Das Entsetzen lähmt und die Verbindung zur Realität stellt sich nicht ein. Das merkt man, wenn man über den Klimawandel redet. Der hat uns schon jetzt im Griff, trotzdem gibt es noch immer Zweifel. Jeder einzelne ist unfähig, sein Verhalten zu ändern, um dieses Problem zu lösen. Es kann nur eine Verbesserung geben, wenn jeder einzelne seinen Lebensstil verändert. Aber die Menschen fahren trotzdem Auto, machen Kreuzfahrten, fliegen durch die Welt. Wir wissen, was das Problem ist, handeln aber nicht.

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