Aus Libretto #2 (2022)

Sieben Fragen an ... Ingela Brimberg

Die Sopranistin Ingela Brimberg singt in FIDELIO eine Heldin, wie sie in der Opernwelt beinahe einzigartig ist: selbstbestimmt, mutig, frei

Ist die starke strahlende Siegerin die bessere Rolle?
Viele Frauenfiguren in der Opernwelt sind genauso stark und mutig, nur scheitern sie an den Verhältnissen. Das würde Leonore auch, wenn sie sich nicht als Mann verkleidet – einerseits ein Zugeständnis an die herrschende Ordnung, anderseits ein Aufbrechen der Geschlechterordnung.

Am Ende löst Leonore einen Umsturz aus. Wie privat ist das Politische?
Leonore will nicht die Welt verändern, sondern ihren Mann zurückgewinnen. Erst auf dem Weg wird sie mit größeren Ungerechtigkeiten konfrontiert, sie durchläuft eine Entwicklung.

FIDELIO ist eine musikalische Achterbahnfahrt. Machen Ihnen die vielen Brüche als Sängerin Probleme?
Für meine Rolle empfinde ich die Wendungen als logisch – bis zum Liebesduett: Seit zwei Jahren vegetiert da ein politischer Gefangener im Kerker vor sich hin, ist kurz vorm Hungertod, und dann von einem auf den anderen Moment: Erlösung! Das wirkt auf mich fast surreal. 

Leonore befreit ihren zu Unrecht eingekerkerten Mann aus dem Gefängnis. Dafür riskiert sie ihr eigenes Leben und schadet Dritten. Wie hoch ist der Preis der Freiheit?
Verkleidet als Fidelio bemerkt sie, dass sich Marzellina, die Tochter des Kerkermeisters in sie verliebt. Aber hat sie eine andere Wahl? Sie ist schon viel zu weit gegangen, jeder Versuch, diese Entwicklung zu verhindern, hätte sie vermutlich enttarnt. Ja, in diesem Fall schweigt Leonore und belässt Marzellina in ihrem Glauben, weil es ihrem Ziel nützt.

Ein unvermeidlicher Kollateralschaden?
Kollateralschaden klingt mir ein bisschen zu hart. Wir sprechen hier von einer jungen Frau, die sich in einer ihr aufgezwungenen unglücklichen Beziehung mit ihrem Mann Jaquino befindet und auf einen anderen Typ Mensch trifft, der ihr sehr viel attraktiver erscheint. Vielleicht fühlt sie sich von Fidelios Androgynität angezogen. Es ist erstaunlich, wie sehr wir immer noch nach weiblichen Opfern suchen, denn in meinen Augen leiden hier Marzellina und Jaquino gleichermaßen unter einer schlechten Kommunikation. Marzellinas Liebe zum androgynen Fidelio kann man übrigens auch historisch ganz anders lesen, nämlich als Versuch, sich über einen Mann lustig zu machen, der sich sensibler und weiblicher gibt, als es damals üblich war. Und als ironischen Kommentar zum „traditionellen“ Mann, der sich dann wiederum darüber ärgert, dass viele Frauen genau diese Weichheit attraktiv finden. 

FIDELIO beginnt heiter, spinnt sich dann zum politisch-historischen Gefangenendrama und endet in einer Erlösungsvision. Haben Sie ein Rezept, um diese emotionalen Wendungen glaubwürdig zu verkörpern? 
Ich kann mich in meinen Emotionen zunächst von der Dramatisierung in der Musik leiten lassen. Leonore macht eine Entwicklung durch: Sie schleust sich in das Gefängnis ein, sie gewinnt langsam das Vertrauen des Wärters, es läuft alles nach Plan, aber wird gleichzeitig immer gefährlicher für sie. 

Bis auf einmal alles in der großen Erlösung endet. Die Liebe und die Freiheit haben gesiegt. Wie gehen Sie mit dieser abrupten Kehrtwende um?
Hier hilft mir die Musik, denn auch sie bricht abrupt aus. Meine Partie bewegt sich tonal vorher in einem eher moderaten Bereich des lyrisch-dramatischen Soprans. Die Tessitur, also der Stimmumfang des Liebesduetts ist für mich auf einmal ganz anders, viel höher. Das transportiert mich als Sängerin und Bühnenfigur gedanklich schlagartig in eine andere Welt. Diese letzten Auftritte haben gefühlt nicht mehr so viel mit dem zu tun, was davor passierte – verrückt, aber auf gute Art.  

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