Hinter der Bühne ... Johannes Schütz - Deutsche Oper Berlin
Aus Libretto #2 (2022)
Hinter der Bühne ... Johannes Schütz
Johannes Schütz bedeckt die Bühne für FIDELIO mit Lehm. Das Bühnenbild ist eine Reflexion über das System Gefangenschaft
Die zentrale Frage für das Bühnenbild lautete für mich: Was ist das Wesen eines Lagers? Denn das spanische Staatsgefängnis des 18. Jahrhunderts verstehe ich als Präfiguration für die Konzentrationslager, die Gulags, die Arbeits- und Vernichtungslager des 20. und 21. Jahrhunderts. Dass Beethoven schon so früh zwischen Strafgefangenen und politischen Gefangenen unterscheidet, ist visionär. Es stand nie zur Debatte, ein historisches Gefängnis mit Hilfe von Pappmaché nachzubauen, das wäre zu naiv und würde den Begriff des Lagers als Urbanisation kollabierender Gesellschaft en verharmlosen. Mir geht es darum, einen szenischen Ausdruck für das System der Repression zu finden. Die Bühne besteht zu großen Teilen aus Lehm, der sich im Laufe der Zeit mehr und mehr auf Körper und Kleidung der Gefangenen überträgt. Wer sich in das Lager begibt, der kann sich seiner Logik nicht entziehen – die Unterdrückung hinterlässt immer Spuren.