Happy Birthday, Aribert Reimann! - Deutsche Oper Berlin
Zum 4. März
Happy Birthday, Aribert Reimann!
Rückblickend kann man die Berufswahl Aribert Reimanns nicht anders als schicksalhaft bezeichnen. Mit dem erst eine Woche zuvor erworbenen Abitur trat der 18-Jährige am 15. Februar 1955 seine erste Stelle als Korrepetitor für das neu gegründete Opernstudio der damaligen Städtischen Oper in Charlottenburg an. Schicksalhaft war das nicht nur, weil Reimann dem Haus, das bald zur Deutschen Oper Berlin werden sollte, bis heute in vielfältiger künstlerischer Zusammenarbeit verbunden geblieben ist, sondern vor allem, weil sich in dieser Berufswahl schon ein Zugang zur Musik zeigt, der auch im Zentrum seines Schaffens als Komponist steht. Denn Korrepetition, das ist die Arbeit mit der menschlichen Stimme, das unermüdliche Perfektionieren und Erweitern ihrer Fähigkeit, dem Wort musikalischen Ausdruck zu verleihen.
Obwohl Aribert Reimann auch ein nicht unerhebliches Oeuvre an Instrumentalwerken geschrieben hat, sind doch Musiktheater und Lied die beiden Pole, zwischen denen sich sein Schaffen seit mehr als sechs Jahrzehnten entfaltet. Auf der einen Seite das Lied, dessen expressiven Spielraum er auf eine Weise erweiterte, die sowohl eine Anbindung an die romantische Tradition wahrt als auch Klänge für die Sprache eines Paul Celan („Eingedunkelt“,1992) besitzt: Wer sich auf ein Reimann-Lied einlässt, erlebt, wie ein Text, egal wie alt er sein mag, auf die intensivstmögliche Art vergegenwärtigt wird.
Auch bei dem anderen Pol von Reimanns Musikschaffen ist diese Vergegenwärtigungskraft immer spürbar. Auch wenn der Fokus des Musiktheaters naturgemäß panoramischer und damit distanzierter ist, lässt Reimann uns doch jeden Akteur auf der Bühne in vollster, im positiven Sinne theatraler Intensität erleben und schafft es doch, dass selbst aus einer Vielzahl gleichermaßen präsenter Figuren wie beispielsweise in TROADES oder BERNARDA ALBAS HAUS nie ein bloßes Nebeneinander wird.
Aribert Reimann ist unbedingt ein literarischer Komponist – darin seinem großen Vorbild Robert Schumann ähnlich und wiederum auch Vorbild für viele jüngere Komponistinnen und Komponisten. Die Liste der Dichter und Romanciers, die er vertont hat, dürfte beispiellos sein: Sie reicht von Euripides und Shakespeare über Shelley und Eichendorff bis hin zu James Joyce, Sylvia Plath und Paul Celan. Eine Vielfalt, die ihn jedoch nie zu artifiziellen stilistischen Spielereien verführt hat, sondern die im Gegenteil zu immer wieder neuen Entwicklungsstufen von Reimanns Stil geführt hat, der sich so – wie alle großen Komponisten – treu geblieben ist, um (sich) doch immer wieder neu zu erfinden.
Bis heute hat dieser Prozess uns eine Vielzahl von Werken geschenkt, von denen etliche schon zu festen Bestandteilen des Opern- und Konzertlebens geworden sind, allen voran der LEAR, aber auch MEDEA und sicher auch sein jüngstes Bühnenwerk, der für die Deutsche Oper Berlin entstandene L’INVISIBLE.
Heute feiert Aribert Reimann seinen 85. Geburtstag. Die Deutsche Oper Berlin sendet ihm herzliche Glückwünsche und hofft, dass seine Schaffenskraft ihm und uns noch lange erhalten bleibt.
Anlässlich seines Geburtstages haben wir Aribert Reimann 12 Fragen gestellt. Lesen Sie hier über Komponieren in Zeiten von Corona, seine Oper L'INVISIBLE und seinen größten Geburtstagswunsch
Aribert Reimann an der Deutschen Oper Berlin