Cosi fan tutte II - Deutsche Oper Berlin
Cosi fan tutte II
Cosi fan tutte II
Regie: Margo Zalite
Ausstattung: Martin Miotk
Sound Design: Marian Weger
Musikalische Leitung: Moritz Gnann
Orchester der Universität der Künste Berlin
Künstlerische Gesamtleitung: Barbara Beyer
Der Maler Alexander Rodtschenko hat in den 1920er für sich einen entscheidenden Schritt getan, als er sich entschloss, auf der Leinwand nichts mehr „darstellen zu wollen“. Er bemalte ganze Leinwände mit einer einzigen Farbe, so entstanden monochrome Bilder in Rot, Gelb und Blau. Rodtschenko hat sich danach vom Kunstschaffen zurückgezogen und Möbel, Geschirr, Flugzeuge und Arbeitskleidung, also Gebrauchsgegenstände aller Art, hergestellt. Die Krise der Repräsentation setzt sich in den Künsten seit einem Jahrhundert fort. Vor allem auf dem Theater gibt es zahllose Versuche, sich zur Idee der Repräsentation neu und anders zu verhalten und das damit einhergehende Selbstverständnis von Theatersprachen zu hinterfragen.
Auch der Versuch von Margo Zalite und Martin Miotk kann hierzu gezählt werden.
Einerseits bestimmt ein Ritual die Abläufe. Die Figuren sind in geheimnisvollen Situationen eingebunden. Ritualisiert vollziehen sie im ersten Teil der Oper bestimmte Kreisbewegungen, die einem meditativen Rhythmus folgen. Im zweiten Teil sind es szenische Aktionen, die in einer Art Loop von jedem einzelnen Sänger in stetiger Folge wiederholt werden. Den Gegenpol zur Ritualisierung bildet das Prozessorientierte, die Einmaligkeit des nicht wiederholbaren Vorgangs als das andere die Inszenierung bestimmende Moment.
In dieser Umsetzung von COSÌ FAN TUTTE findet eine völlige Abkehr von jeglicher Handlung und Psychologie statt, die Idee der Repräsentation scheint aufgehoben. Das Regieteam hat bewusst an der Auslöschung der szenischen Darstellung gearbeitet.
Das Besondere, das sich im Kontext dieser Opernaufführung ereignet, ist, dass die Beziehung zwischen Sängern und Musik radikal entkoppelt zu sein scheint.
Obwohl die SängerInnen den Gesang mit ihren Stimmen klanglich (re-)produzieren, gehört diese Musik nicht ihnen. Sie sind wie Relais, über die die Musik empfangen und weitergegeben wird. Die Musik erklingt durch sie, aber sie gehört nicht den Sängern und hat nichts mit ihnen und ihrem persönlichen Ausdruck zu tun. Die Musik erscheint als etwas Überwirkliches. Vielleicht als das Konstrukt einer Idee des Menschseins, das durch die Musik Mozarts in seiner verstörenden Schönheit zu uns spricht, aber nicht mit den wirklichen Menschen korrespondiert.
„Der Schamane und Performer“, so die Regisseurin, „ist Mozart selbst, er ist der Akteur. Die Sänger sind Teil der Maschine als Medium, diese gibt Mozarts Musik frei, als ob sie aus dem Äther oder auch aus einer fernen Vergangenheit zu uns kommen würde.“
Es ist im Wesentlichen diese Abwesenheit von Bedeutung, die der Imagination der Zuschauer einen Spielraum eröffnet und ihnen im Kontext der Mozart-Welt eine neue ästhetische Erfahrung ermöglicht.