Als Götz Friedrich gemeinsam mit dem Orchestervorstand der Deutschen Oper Berlin 1983 die Idee hatte, für die Ausbildung des Orchesternachwuchses eine Akademie zu gründen, war eine derartige Förderung durch ein Opernorchester eine Innovation.

Absolvent*innen von Musikhochschulen, die eine hervorragende solistische Ausbildung genossen haben, bekommen seitdem die Möglichkeit, ein außerordentlich großes Opernrepertoire kennenzulernen: In der Deutschen Oper Berlin stehen in jeder Saison die wichtigsten Werke von Wagner, Puccini, Strauss und Verdi auf dem Programm, darüber hinaus ein breites Repertoire von Mozart über die Spätromantik bis zur Moderne.

Die Akademist*innen werden im Einzelunterricht und in Orchesterstudien von erfahrenen Orchestermitgliedern betreut. Sie dürfen bei Proben, Konzerten und Opernaufführungen mitwirken, nachdem sie sich die Werke mit ihren Mentor*innen angeeignet haben.

Der Pflege der Kammermusik kommt ebenfalls ein hoher Stellenwert zu. Deshalb wird in jeder Saison ein Konzert der Kammermusikreihe des Orchesters von den Akademist*innen gestaltet.

Ein sehr wichtiger Teil der Förderung ist die Vorbereitung auf Probespiele um eine feste Position in einem Orchester. Hierzu bietet die Orchesterakademie Mentaltraining in Form von Workshops, Korrepetition und simulierte Probespiele an.

Nicht nur die jungen Akademist*innen profitieren von dieser Ausbildung, sondern auch das Orchester der DOB selbst: Um Nachfolger*innen für freiwerdende Stellen auszubilden, werden gezielt Akademieplätze in den entsprechenden Instrumentengruppen vergeben. So konnten sich seit ihrer Gründung 18 Mitglieder der Akademie eine Festanstellung im Orchester der Deutschen Oper Berlin erspielen.

 

In der Saison 2023/2024 begrüßen wir in der Orchesterakademie:

Sonja Lu, Oskar Kaiser, Theresa Giehl, Sohee Yang, Yukino Takehara, Kyrill Tkachenko (Violine), Arnold Stieve, Antonia Ohnimus (Viola), Emilija Mladenovic, Xiaotang Xu (Violoncello), Cem Güney Yildirim, Gustavo Rocha (Kontrabass), Malte Jansen (Klarinette), Salvador Belda (Horn), Sayaka Matsukubo (Trompete), Jonas Neumann (Schlagzeug), Noelia Cotuna (Harfe).

 

Für eine Bewerbung für die Orchesterakademie

Die Dauer der Ausbildung beträgt 2 Jahre. Das Ausbildungsprogramm enthält: vorbereitenden Instrumentalunterricht bei Mentor*innen aus dem Orchester, Mitwirkung bei 10 Diensten pro Monat (Proben und Vorstellungen / Oper, Ballett und Konzert), Probespieltraining Korrepetitionsstunden, Mentaltraining. Ausbildungsvergütung: € 1.000,00 im Monat (inklusive Stipendium des Förderkreises der Deutschen Oper Berlin e. V.).

Alle offenen Stellen finden Sie bei muvac.com.

www.muvac.com

Leitung der Orchesterakademie

Kaja Beringer

beringer@deutscheoperberlin.de

 

40 Jahre Orchesterakademie

Orchester sind wohlsortierte Organismen. Frisch von der Musikhochschule braucht es noch viel, um sich hier einzufinden. Dafür gibt es die Orchesterakademie: eine Art Schule nach der Schule.

Kaja Beringer, selbst Geigerin am Haus, sorgt mit unzähligen klugen Ideen dafür, dass für die jungen Talente der Übergang in den Beruf so genussvoll wie möglich ist ... Denn darum soll es gehen: Spielfreude

Als Kaja Beringer mit Anfang 20, noch als Studentin, im Orchester der Deutschen Oper Berlin begann, wurde sie »von einem musikalischen Tsunami überrollt.« So beschreibt die Geigerin das Überforderungsgefühl angesichts des Umstands, dass sie zwar hervorragend an ihrem Instrument ausgebildet war, aber bis dato kaum Opernerfahrung gesammelt hatte. Brittens A MIDSUMMER NIGHT'S DREAM mit dem Rias-Jugendorchester, im Studium dann Mozarts DON GIOVANNI – das war’s. Plötzlich fand sie sich an einem Haus wieder, das damals 45 verschiedene Stücke im Repertoire hatte, von denen die meisten ohne Probe wieder angesetzt wurden. Egal ob FLIEGENDER HOLLÄNDER oder MADAME BUTTERFLY. »Wagner, Puccini oder Verdi zu spielen, ist aber etwas völlig anderes als eine Beethoven-Sonate«, so Beringer. Tagelang übte sie also zuhause selbstständig das Opernspiel zu Schallplatten-Aufnahmen, um sich die Werke anzueignen und mithalten zu können, um das Surfen auf den riesigen Wellen des Repertoires zu lernen. 

Beringer weiß: Heute noch sind junge Musikerinnen und Musiker von der neuen Situation überfordert, wenn sie unmittelbar nach ihrer Ausbildung eine Stelle in einem Opernorchester antreten: »Die Hochschulen sind in erster Linie darauf ausgerichtet, technisch-künstlerische Virtuosität zu vermitteln. Der Fokus liegt meist auf Sololiteratur, nicht auf den speziellen Herausforderungen der Oper.« Aus diesem Grund existieren inzwischen an fast allen großen Häusern Akademien, die den Nachwuchs auf das Opernspiel vorbereiten. »Bei Puccini beispielsweise wechseln beständig Tonart und Zählzeit, der erste Akt von LA BOHÈME ist so schnell, dass man als Anfängerin oft noch rätselnd auf die Noten schaut, während die Kollegin nebenan schon umblättert «, erklärt Beringer. Zudem sei jeder Abend ein wenig anders, »je nachdem, wie die Sängerinnen und Sänger gerade disponiert sind.« Bei Wagner-Opern wiederum sei schon die Spieldauer eine körperliche und mentale Herausforderung. All das gelte es zu vermitteln.

Ein geschützter Lernraum

Die Deutsche Oper Berlin war auf diesem Feld Pionier. Hier wurde bereits 1984 die Orchesterakademie ins Leben gerufen, damals noch Orchesterseminar genannt; anfänglich mit sechs Ausbildungsplätzen, die strengen Vorgaben seitens des Berliner Kultursenats unterlagen. Es sollte verhindert werden, dass der Nachwuchs als billige Aushilfen im Orchester ausgenutzt wird, die Ausbildungsangebote mussten dokumentiert werden. »Diesen geschützten Status haben die Akademie-Mitglieder bis heute, darauf lege ich auch großen Wert«, betont Kaja Beringer, die seit 2012 die Orchesterakademie leitet und das Prinzip Nachwuchsförderung konsequent ernst nimmt und erweitert. 

Schon zwischen 1997 und 2007 wirkte sie neben ihrer Arbeit im Orchester an dem Vermittlungsprogramm »Klassik is‘ cool!« mit, der damaligen Jugendarbeit der Deutschen Oper Berlin. Sie führte Schulklassen durch die Räumlichkeiten des Hauses und vor allem hinter die Kulissen, zeigte den Kindern und Jugendlichen, welchen Blick die Musiker aus dem Orchestergraben haben, erklärte die verschiedenen Instrumente, kurzum: Sie versuchte, die eigene Opernbegeisterung weiterzugeben – so wie heute noch in der Orchesterakademie. 

Diese wurde 2008 auf 16 Ausbildungsstellen pro Jahr erweitert, zwölf bei den Streichern, vier wechselnd zwischen den Bläsergruppen, Harfe und Schlagzeug. Wobei die Akademie-Leiterin darauf achtet, dass bevorzugt in Gruppen rotiert wird, in denen absehbar eine Stelle frei wird, weil ein Orchestermitglied in Rente geht. Die Mentorinnen, bei denen die Akademisten Unterricht bekommen, sind Stimmführer oder Solistinnen aus der jeweiligen Instrumentengruppe; sie können im Idealfall die eigene Nachfolge ausbilden. »Bei vielen Stellen in unserem Orchester hat das funktioniert«, erzählt Beringer. »Zwei Trompeten- und zwei Fagottstellen konnten so aus der eigenen Akademie besetzt werden.«

Das perfekte Sprungbrett 

Überhaupt erzählen die 40 Jahre des Bestehens der Akademie eine Erfolgsgeschichte. Die meisten der Absolventinnen und Absolventen schaffen den Sprung in eine Festanstellung, die wegen der geringen Zahl an freien Stellen »einem Sechser im Lotto gleichkommt«, so Beringer. Allein im Orchester der Deutschen Oper Berlin sind gegenwärtig 21 Ehemalige beschäftigt, andere spielen in namhaften Institutionen wie dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg, dem Frankfurter Opernorchester oder bei den Berliner Philharmonikern. Entsprechend begehrt sind die 16 Ausbildungsplätze. Bei manchen Instrumenten kommen 20 bis 30 Bewerberinnen und Bewerber auf eine Stelle, »bei den Geigen sind es jedes Jahr über 100 aus der ganzen Welt«, erzählt Beringer. 

Wer die Aufnahme schafft, erhält einen Vertrag für zwei Jahre und ein Ausbildungsgehalt. Finanziert wird die Orchesterakademie aus dem laufenden Etat, zusätzliche Unterstützung erhält sie seit 2022 vom Förderkreis der Deutschen Oper, der nach den Gesangs- auch die Orchester-Akademistinnen und Akademisten in seinen »Talent-Circle« aufgenommen hat. Monatlich sechs Unterrichtsstunden bekommen sie bei ihren Mentoren, die mit ihnen die Opern durchnehmen, die auf dem Programm stehen – und sie spielen zehn sogenannte Dienste im Monat, wobei als Dienst sowohl eine Probe als auch eine Aufführung gilt (zum Vergleich: festangestellte Orchestermitglieder wie Kaja Beringer haben ungefähr 30 Dienste im Monat). Vor allem aber profitieren die Akademistinnen von einer Vielzahl zusätzlicher Angebote, die Beringer als Leiterin in den vergangenen Jahren sukzessive etabliert hat. Darunter das Probespiel-Training, auf das die Geigerin einen starken Fokus legt. 

Denn am Ende der Ausbildung stehen für alle Akademisten Probespiele um eine Festanstellung, an der Deutschen Oper Berlin oder einem anderen Opern- oder Konzert-Orchester, je nach verfügbaren Stellen. Die Probespiele umfassen in der Regel drei Runden, verlangt werden unter anderem ein klassisches Konzert sowie schwierige Stellen aus der Orchesterliteratur, etwa der Anfang von Richard Strauss’ DON JUAN, eine Herausforderung für alle Instrumentalisten. »Aber selbst vermeintlich leichte Stellen können eine Hürde bedeuten, wenn man sie vor Publikum unter sehr viel Adrenalin spielen soll«, beschreibt Beringer. Deswegen hat sie an der Orchesterakademie ein Mentaltraining eingeführt, das helfen soll, Stressmomente zu bewältigen. Die Trainerinnen und Trainer bieten unterschiedliche Methoden an, damit alle Akademie-Mitglieder das für sich Passende finden können. 

Mentaltraining aus der Sportpsychologie

Die Spanne reicht von Alexandertechnik (eine Entspannungstechnik, die auch Schauspieler anwenden) über Atemübungen bis zu Techniken aus der Sportpsychologie. »Wir hatten auch schon Mentaltrainer aus diesem Bereich an der Akademie«, erzählt Beringer. »Schließlich ist das Probespiel mit einem Wettkampf zu vergleichen, bei dem Höchstleistung auf den Punkt gebracht werden muss.«

Zu den Angeboten der Akademie zählt daneben genauso ein Yoga-Workshop wie eine Fortbildung zu Steuern, Versicherungen und Arbeitsrecht. »Musiker müssen auch wissen, wie man sich korrekt krank und wieder gesund meldet. Oder dass ein freies Streichquartett eine GbR bildet, wenn es gemeinsam Gelder einnimmt«, erklärt die Akademie-Leiterin. Grundlagen des Berufs, die an den Hochschulen nicht vermittelt werden. Beringer beschreibt ihre Arbeit mit den Akademisten aber auch als einen fortwährenden Lernprozess für sich selbst. Welche Angebote funktionieren, wie reagieren die jungen Leute darauf, wie ließe sich das Programm noch sinnvoll erweitern? 

Wobei im Zentrum stets das Anliegen steht, Begeisterung für die Oper zu wecken – und das Vergnügen am Spiel. Klassische Musik, sagt Kaja Beringer, werde zwar gemeinhin mit Ernst assoziiert, »kann aber bei aller Herausforderung auch wahnsinnigen Spaß machen.« Genau deshalb habe sie sich als Anfängerin im Orchester vom musikalischen Tsunami auch nicht unterkriegen lassen – sondern mit dem Gefühl wieder aufgerappelt: »Ich will hier nie wieder weg!«

Ein Porträt von Patrick Wildermann 

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